Mit dem so genannten Ratsbegehren soll ein Gemeinderat oder Kreistag selbst einen Bürgerentscheid ansetzen und damit Fragen, die er nicht allein beschließen möchte, der gesamten Bürgerschaft zur Entscheidung vorlegen können. „Das Ratsbegehren ist in allen ostdeutschen Bundesländern gang und gäbe, nur in Thüringen nicht“, so Ralf-Uwe Beck, Sprecher des Mehr Demokratie-Bündnisses, zu dem 20 Organisationen gehören. In Sachsen-Anhalt gehen 37 Prozent der Bürgerentscheide auf Gemeinderatsbeschlüsse zurück, in Sachsen sind es 19 Prozent, in Brandenburg 44 und in Mecklenburg-Vorpommern 24 Prozent. „Die meisten Bürgerentscheide, die in den anderen ostdeutschen Bundesländern von Gemeinderäten angesetzt werden, sind Gebietsreformen gewidmet. Hier machen wir auch in Thüringen einen Bedarf aus. Gemeinderäte wollen bei Fragen, die die Identität der Gemeinde berühren, nicht über die Köpfe der Menschen hinweg entscheiden.“ In Thüringen bleibe ihnen nur, den Bürgerwillen mit einer Befragung zu ermitteln. Die Ergebnisse aber seien nicht bindend und würden mitunter nicht umgesetzt.
Auch der „Alternativvorschlag“ würde die Möglichkeiten der Gemeinderäte und Kreistage erweitern: Haben die Bürgerinnen und Bürger mit einem Bürgerbegehren einen Bürgerentscheid erzwungen, könnte ein Gemeinderat oder Kreistag damit einen Alternativvorschlag neben den der Initiative zu stellen, so dass die Bürgerinnen und Bürger die Wahl zwischen zwei Vorschlägen haben. „Der Alternativvorschlag eines Gemeinderates bei einem Bürgerentscheid kann die Sachdebatte beleben und den Bürgerinnen und Bürgern die Bandbreite von Lösungen für ein Problem aufzeigen. So wird auch der Dialog zwischen Gemeinderäten und Bürgern gefördert“, begründet Beck die Forderung.
2009 hatte der Landtag das Volksbegehren „Mehr Demokratie in Thüringer Kommunen“ und damit bessere Bedingungen für Bürgerbegehren und Bürgerentscheide beschlossen. Dennoch gibt es nach Ansicht von Mehr Demokratie Reformbedarf. Der Koalitionsvertrag der schwarz-roten Landesregierung sehe vor, das Regelwerk nachzubessern. Dabei sollten auch die Rechte der Gemeinderäte und Kreistage ausgebaut werden.
Den Aufruf mit den Unterzeichnerinnen und Unterzeichnern finden Sie hier: goo.gl/J6I2F