Und genau das sieht der Koalitionsvertrag vor: „Wir werden das Informationsfreiheitsgesetz zu einem echten Transparenzgesetz nach dem Vorbild Hamburgs … fortentwickeln, die proaktive Veröffentlichung von Informationen durch die staatliche Verwaltung ausbauen … .“ Gemeint ist: Es wird ein Paradigmenwechsel angestrebt.
Die Holpflicht der Bürgerinnen und Bürger wird umgebaut zu einer Bringeschuld der Behörden. Zu definieren ist, welche Informationen nicht erst auf Antrag einsehbar sein sollen, sondern automatisch auf einem eigenen Portal zu veröffentlichen sind. Diesen Paradigmenwechel bietet der vorliegende Entwurf, der seit Mitte August – und dies ist positiv zu werten! – online gestellt und damit einsehbar ist.
Den Gesetzentwurf der Landesregierung können Sie hier nachlesen: https://thueringen.de/mam/th3/tim/2018/gesetzentwurf_transparenzgesetz.pdf
Der Gesetzentwurf basiert auf dem Vorschlag des Thüringer Datenschutzbeauftragten vom Februar 2016 – und bleibt hinter diesem zurück. Im Einzelnen:
- Die Kommunen sind nicht ausreichend berücksichtigt. Dies sollte eine Stärke des Transparenzgesetzes sein, auch die Kommunen in die Pflicht zu nehmen, da die Bürgerinnen und Bürger an Informationen, die ihr unmittelbares Wohnumfeld betreffen, ein besonderes Interesse haben dürften (§ 6 Abs. 3 erwähnt nur Behörden des Landes). Immerhin soll es ein Modellprojekt geben, um zu ermitteln, welche Fragen bei einer Teilnahme der Kommunen auftauchen (§ 16 Abs. 2).
- Bei der Liste der zu veröffentlichenden Informationen (§ 6 Abs. Abs. 3) fehlen Gutachten und Studien, die von der öffentlichen Hand beauftragt, also mit Steuergeld bezahlt werden. Sie sind oft Grundlage für politische Entscheidungen und sollten zwingend einsehbar sein.
- Für die Kosten, die die Akteneinsicht den Behörden verursacht, gibt es keine Höchstgrenze. Wünschenswert wäre zudem, dass unterschieden wird, ob der Zugang zu Informationen privatem oder öffentlichem Interesse folgt. Mindestens wenn beispielsweise Medien oder gemeinnützige Vereine Akten einsehen wollen, sollte dies kostenfrei sein, da es sich um einen Dienst an der Gesellschaft handelt.
- Es gab den Vorschlag, das Umweltinformationsgesetz in das Transparenzgesetz zu integrieren. Dies ist nicht erfolgt und eine Chance der Rechtsvereinfachung vertan.
- Nicht zuletzt lässt das Gesetz einige Hintertüren offen. So kann in einer Abwägung (§ 14) die Herausgabe von Informationen bei „unverhältnismäßigem Verwaltungsaufwand“ (§ 12 Abs. 3 Zi. 2) verweigert werden. Hier sollte es eine Pflicht geben, dies begründen zu müssen. Auch kann die Veröffentlichung von Informationen unterbleiben, wenn „tatsächliche Hinderungsgründe“ dem entgegenstehen (§ 5 Abs. 4 Zi. 2). Nur, welche sollten das im Zeitalter der Digitalisierung sein?
Der Gesetzentwurf kommt spät, aber er liegt auf dem Tisch. Noch im Februar dieses Jahres hatte Mehr Demokratie angemahnt, endlich aktiv zu werden. Schließlich hatte der Landtag beschlossen, dass bis Ende März 2017 ein Entwurf vorliegen soll. Lesen Sie dazu auch die Pressemitteilung von Mehr Demokratie vom Februar 2018.