Mehr Demokratie fordert mehr Einflussrechte für die Bürger durch die Wahl und Abwahl von Amtsträgern in Thüringen

Forderungen wurden heute in einer Pressekonferenz im Landtag vorgestellt

Erheblich mehr Amtsträger sollten in Thüringen direkt vom Volk gewählt werden. Das schlägt der Landesverband Thüringen des Vereins Mehr Demokratie vor. Direkt legitimiert werden sollten nach einem jüngst gefassten Beschluss der Landesmitgliederversammlung des Vereins die Präsidenten des Thüringer Verfassungsgerichts und des Rechnungshofes. Auch der Bürgerbeauftragte sowie die Beauftragten für den Datenschutz und die Stasi-Unterlagen sollten direkt vom Volk legitimiert werden, ebenso der Intendant des MDR. Zudem sollte für den Fall, dass ein direkt gewählter Abgeordneter des Landtages sein Mandat verliert, ein Nachfolger nicht einfach von einer Parteiliste nachrücken, sondern durch eine Direktwahl bestimmt werden. „Wir wollen gerade im Thüringer Wahljahr 2012 eine Direktwahl-Debatte eröffnen und Anregungen geben, wie die Einflussrechte der Bürger gestärkt werden können“, so Ralf-Uwe Beck, Sprecher von Mehr Demokratie in Thüringen, zum Anlass des Vorstoßes. Am 22. April werden in Thüringen Bürgermeister und Landräte direkt gewählt.

„Eine Direktwahl würde die Amtsträger mit höherer Legitimation ausstatten, ihre Unabhängigkeit und Kontrollfunktion stärken“, so Joachim Linck, Mitglied im Mehr Demokratie-Landesvorstand. Sie sei dort angebracht, wo Amtsträger eines besonderen Vertrauens der Bürgerinnen und Bürger bedürfen. „Die Kontrollierten sollten sich nicht ihre eigenen Kontrolleure wählen“, spielt Linck auf den Einfluss von Landesregierung und Landtag bei der Besetzung von Kontrollorganen wie beispielsweise der Spitze des Rechnungshofes an. „Viel zu oft sind die Ämterbesetzungen parteitaktische Rangierfelder und werden ausgehandelt. Bei einer Direktwahl würde es mehr um Kompetenz und das Vertrauen der Bürger gehen, auf das die Ämter angewiesen sind.“ Dabei sollten Wahlvorschläge für die direkt zu wählenden Amtsträger nicht nur vom Landtag und der Regierung eingebracht werden können, sondern auch von den Bürgerinnen und Bürgern, wenn eine bestimmte Unterschriftenhürde erreicht wird. Das von Mehr Demokratie vorgelegte Papier sieht ausdrücklich nicht die Direktwahl des Ministerpräsidenten vor, da dies auf eine Präsidialdemokratie und eine Schwächung des parlamentarischen Regierungssystems hinauslaufen würde.

Gestärkt werden sollte nach Ansicht von Mehr Demokratie auch der Einfluss der Bürgerinnen und Bürger bei der Auswahl der Amtsträger, die nicht direkt vom Volk gewählt werden. Diese sollten sich vor ihrer Berufung einer öffentlichen Anhörung im Landtag stellen müssen. Zudem sollte den Bürgern über ein Internetportal ermöglicht werden, die Kandidatinnen und Kandidaten zu befragen. Die Fragen aus der Bürgerschaft und die Antworten der Kandidaten könnten den Abgeordneten auch als Entscheidungshilfe dienen. „Öffentliche Anhörungen und Internetportale würden das Bestellungsverfahren transparenter machen und der parteipolitischen Krake einer Ämterpatronage entgegenwirken“, begründet Linck den Vorschlag.

Mehr Demokratie setzt sich zudem für die Möglichkeit ein, Amtsträger abzuwählen. Diese so genannten Recall-Verfahren sollten auch von den Bürgerinnen und Bürgern initiiert werden können. Das gelte für alle Amtsträger, die direkt gewählt werden sollten sowie für den Ministerpräsidenten. „Wer die Kompetenz besitzt, Amtsträger zu wählen, sollte auch für kompetent befunden werden, sie abzuwählen“, so Beck. „Die Abwahlmöglichkeit schwebt wie ein Damoklesschwert über der Amtstätigkeit. Die Gefahr, dass eine von den Bürgern abgehobene Politik betrieben wird, lässt sich so mindern.“

Gegen Abgeordnete des Landtages, die sich wegen schwerwiegender Delikte wie Korruption oder groben Verletzungen ihrer Pflichten als unwürdig erwiesen haben, sollte es, so der Vorschlag von Mehr Demokratie, die Möglichkeit einer Abgeordnetenklage geben. Damit sollte der Verfassungsgerichtshof einem Abgeordneten das Mandat entziehen können. Eine solche Abgeordnetenklage gibt es bereits in Baden-Württemberg, Bayern, Niedersachsen und dem Saarland. Diese sollte allerdings nicht nur vom Landtag beantragt, sondern auch von den Bürgerinnen und Bürgern erzwungen werden können.

Um den Aufwand für die öffentliche Hand sowie für die Bürgerinnen und Bürger möglichst gering zu halten, sollten, so Mehr Demokratie, Wahlen zusammengelegt und auch an eventuell anstehende Volksentscheide gekoppelt werden. Dies habe sich in US-Bundesstaaten bewährt, setze aber eine rechtzeitige und gut ausgearbeitete Information vor den Wahlterminen an alle Haushalte voraus. Für Volksentscheide ist dies in Thüringen bereits vorgeschrieben.

„Wir gehen nicht davon aus, dass die Thüringer Politik gleich morgen auf unsere komplette Vorschlagsliste einschwenkt. Wir präsentieren diese Ideen, um in die Debatte einzusteigen. Damit fängt alle Veränderung an“, so Beck. „Das vom Stuttgarter Bahnhofsvorplatz ausgegangene Signal für mehr Bürgerbeteiligung ist in ganz Deutschland gehört worden. Es muss auch in Thüringen in konkrete Schritte münden. Wenn wir aufhören die Demokratie zu entwickeln, fängt die Demokratie an, aufzuhören.“


Bei Rückfragen: Ralf-Uwe Beck, 0172-7962982
                         Prof. Dr. Joachim Linck, 0162-2900451

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Vorstandssprecher
Mehr Demokratie in Thüringen
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