Modernes Kommunalwahlrecht für Thüringen Anhörung vor dem Petitionsausschuss am 24. Mai

Kommunen sollen zu Laboren für ein modernes Wahlrecht werden. Das ist das Anliegen einer Petition, zu der es am morgigen Dienstag (24.5., 15 Uhr, Plenarsaal) eine öffentliche Anhörung im Petitionsausschuss des Thüringer Landtages gibt.

Anlass für die Anhörung ist eine vom Landesverband des Vereins Mehr Demokratie gestartete Petition, die von 1.654 Menschen unterzeichnet wurde. Ziel der Initiative ist, dass bei Kommunalwahlen Instrumente ausprobiert werden, mit denen das Wahlrecht modernisiert, vor allem aber die Wahlbeteiligung gesteigert werden kann. Dafür soll das Kommunalwahlrecht um eine Experimentierklausel erweitert werden. Zudem sollen sieben Instrumente beschrieben werden, die von Kommunen bei Kommunalwahlen eingesetzt werden könnten.

Hierfür haben die Professoren Hermann Heußner (Hochschule Osnabrück) und Arne Pautsch (Hochschule Ludwigsburg) einen Gesetzentwurf mit sieben möglichen Instrumenten ausgearbeitet. Der Vorschlag ist bisher einmalig in Deutschland.

„Parteien beurteilen Vorschläge für Wahlrechtsreformen vorrangig danach, ob sie der eigenen Partei Zugewinne versprechen. Der Vorschlag soll Möglichkeiten eröffnen, Erfahrungen mit einem modernisierten Wahlrecht zu machen. Das kann helfen, Skepsis zu überwinden“, so Ralf-Uwe Beck, Petent und Vorstandssprecher von Mehr Demokratie. Schon die Diskussion in einem Gemeinderat, was bei einer anstehenden Wahl unternommen werden könnte, um die Wahlbeteiligung zu steigern, könne die Debatte um die Demokratie beleben, mehr noch, wenn Instrumente ausprobiert werden.

„Wir dürfen uns mit der mangelhaften Wahlbeteiligung nicht zufriedengeben. Sie gefährdet die Demokratie und den Sozialstaat. Es ist Aufgabe von Politik und Zivilgesellschaft, dies zu problematisieren und schließlich das Wahlrecht so zu stärken, dass die Menschen auch wählen gehen“, ergänzt Heußner. Es sei mehr gefragt, als nur der regelmäßige Appell, sich an Wahlen zu beteiligen.

„Die Kommunen sollen selbst und freiwillig bestimmen können, ob und welche Instrumente sie ausprobieren wollen“, sagt Pautsch. Damit könne auch die Rolle der Kommunen bei der Stärkung der Demokratie unterstrichen werden. „Was sich bewährt hat, kann später auch für die Landtagswahlen eingeführt werden.“

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Thüringer Gesetz zur Erprobung wahlbeteiligungssteigernder Wahlrechtsreformen – Wahlrechtsreformerprobungsgesetz - WahlRRefErprobG

Neben der notwendigen Experimentierklausel werden folgende Instrumente vorgesehen:

Absenkung des Wahlalters

Ermöglichung der Absenkung bis auf 14 Jahre, gekoppelt an ein Jugendwahlregister, in das sich Jugendliche freiwillig eintragen können; nur diese sind wahlberechtigt.

Integrierte Stichwahl

Damit kann bei Bürgermeister- und Landratswahlen auf einen möglicherweise 2. Wahlgang verzichtet werden, was Aufwand spart. Die Stichwahl wird in den 1. Wahlgang integriert.

Proteststimmen und Stimmenthaltung

Die Proteststimme ermöglicht es, Protest auszudrücken, ohne von der Wahl fernbleiben, eine so genannte „Protestpartei“ wählen oder den Stimmzettel ungültig machen zu müssen. In differenzierter Form besteht die Möglichkeit, zwischen mehreren Formen des Protests bzw. der Stimmenthaltung wählen zu können. Die Proteststimmen haben keinen Einfluss auf den Wahlausgang, werden aber ausgewiesen und können so zum Signal an die Gesellschaft werden. Differenzierungsvorschlag: Ich lehne alle Bewerber ab. | Ich lehne alle von den Bewerbern vertretenen politischen Programme ab. | Ich enthalte mich der Stimme.

Offizielle Informationen über Bewerber an alle Wahlberechtigen

Ein Wahlheft bietet alle Informationen zur Wahl und den antretenden Parteien und Kandidatinnen und Kandidaten – ähnlich der Abstimmungsbroschüre bei Volksentscheiden.

Obligatorische Zustellung der Briefwahlunterlagen

Die Briefwahlunterlagen werden automatisch zugestellt; die Beantragung entfällt.

Zusätzliche Wahlorte, Wahltermine und verlängerte Wahlzeiten

Ausweisung weiterer Wahlorte und Ausweitung des Wahltermins.

Wahlpflicht

Umstrittenstes und wirksamstes Instrument zur Steigerung der Wahlbeteiligung (in Australien 90 %); wirkt nur, wenn es mit Bußgeld belegt wird.

 

Hinweis für die Redaktionen:

Neben Ralf-Uwe Beck als Petent nehmen auch die Professoren Hermann Heußner und Arne Pautsch an der Anhörung teil; sie sind gern zu Interviews bereit.

Bei Interesse und Rückfragen: Ralf-Uwe Beck, 0172-7962982

Ansprechpartner für Redaktionen

Ralf-Uwe Beck
Vorstandssprecher
Mehr Demokratie in Thüringen
0172-7962982

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