Bürgergutachten zur Corona-Krise in Thüringen

Ende September veröffentlichte der von der Thüringer Landesregierung Anfang diesen Jahres einberufene Corona-Bürgerrat einen ersten Zwischenbericht. Dieser Bericht enthielt bereits weitreichende Empfehlungen an die Politik im Umgang mit der Corona-Krise.
Nun veröffetlichte der Rat sein abschließendes Bürgergutachten.

© Thüringer Ministerium für Migration, Justiz und Verbraucherschutz

Das im Zuge der Corona-Pandemie eingerichtete, zufällig geloste Thüringer BürgerForum COVID-19 hat weitreichende Änderungen im Umgang mit der Pandemie vorgeschlagen. So zählt zu den Kernforderungen eine Vermeidung von Schulschließungen und die Verbesserung der Situation in der Pflege. Justizminister Dirk Adams hatte das Gutachten des Forums auf dessen letzter virtueller Tagung am 26. November 2021 für die Landesregierung entgegengenommen.

Mit dem Gremium aus 52 per Zufall ausgewählten Thüringer Männern und Frauen sollte das „unverfälschte Alltagswissen“ der Bürgerinnen und Bürger in der Corona-Krise für die Entscheidungen im Freistaat nutzbar gemacht werden. Insgesamt führt das Gutachten, das nach mehrfachen digitalen Treffen und Workshops entstand, zu 55 Vorschlägen.

Themenschwerpunkte

Schwerpunkte der Beratungen waren Fragen der Motivation von Lernenden und Lehrenden, der hybride Unterricht für Schülerinnen und Schüler in Quarantäne oder Lernrückstände. Zudem beschäftigte das Forum die Sorge um eine Spaltung der Gesellschaft durch die Einführung der 2G-Regel im Alltag.

Minister Dirk Adams dankte den Teilnehmenden für ihr Engagement und stellvertretend für das Zebralog Team, dem Geschäftsführer Matthias Trénel, für die Vorbereitung und Moderation des BürgerForums: „Der Umfang und die qualitative Belastbarkeit der Empfehlungen haben uns gezeigt, dass es richtig war, durch eine repräsentative Auswahl aus der Thüringer Bevölkerung ein realistisches Meinungsbild einzuholen. Als Migrationsminister hat es mich besonders gefreut, dass seitens des Forums gefordert wird, die Rahmenbedingungen für die Ausbildung geflüchteter Menschen in der Pflege zu verbessern, um dem Pflegenotstand entgegenzuwirken. Ihr Bürgergutachten ist uns nicht nur hier Mahnung und Verpflichtung.“

Im Gespräch bleiben“

Staatssekretärin Dr. Julia Heesen dankte für die intensive Arbeit des Gremiums, das sich mit der gesamten Breite der Landes- und teilweise sogar Bundespolitik zu beschäftigten hatte: „Weil die Pandemie alle Lebensbereiche erfasst hat, musste auch das BürgerForum eine riesige Bandbreite an Themen abdecken und sich in hochspezialisierte Fachdiskurse einarbeiten. Ich denke, es ist wichtig, dass wir hierüber im Gespräch bleiben und wir in den kommenden Monaten Erreichtes, aber auch nicht Umsetzbares offen kommunizieren.“

In zwei Salons hatten die Teilnehmenden die Gelegenheit mit Dirk Adams und Staatssekretärin Heesen über das Gutachten und aktuelle Entwicklungen zu sprechen. Dabei ging es um die Motivation von Lernenden und Lehrenden, hybriden Unterricht für Schülerinnen und Schüler in Quarantäne, Vermittlung von Medienkompetenz, Lernrückstände und fehlende Fachlehrern.

Für mehr Bürgerbeteiligung

Vor allem bewegte die Teilnehmenden der unterschiedliche Stand der digitalen Ausstattung an den Schulen. Ebenso beschäftigte die Teilnehmenden die Frage, ob eine 2G-Regelung tatsächlich hilft, die vierte Corona-Welle zu brechen. Die Gefahr sei groß, dass diese Regelung die Gesellschaft weiter spalte. Alle Teilnehmer waren sich jedoch darüber einig, dass es nicht zu einer Überlastung der Intensivstationen kommen dürfe und die Krankenhäuser arbeitsfähig bleiben müssten.

Juliane Niwa traf als Sprecherin der Teilnehmer mit der Forderung nach mehr Bürgerbeteiligung in Thüringen auf breite Zustimmung: „Es muss mehr Werbung gemacht werden“. Ein weiterer Teilnehmer meinte, es sei gut gewesen, dass das Forum sich aus der Mitte der Gesellschaft zusammengesetzt habe: „Es war wohltuend zu erleben, dass es mehr gibt als die lauten Ränder.“

Eine technische Herausforderung“

Ruth Rost, mit über 70 Jahren eine der ältesten Teilnehmerinnen des BürgerForums, sagte: „Es war für mich eine technische Herausforderung, die ich dank der Unterstützung des Organisationsteams meistern konnte.“ Ein echtes Highlight sei gewesen, mit Vertreterinnen und Vertretern der Landesregierung persönlich über ihre familiären Erfahrungen in der Pandemie sprechen zu können.

Das Bürgergutachten enthält insgesamt 55 Empfehlungen der Teilnehmenden in den Bereichen Pflege und Gesundheit, Digitalisierung, Jugend und Bildung, Arbeit und Kultur, Politik und Zusammenhalt sowie Breitensport. Dreizehn davon waren bereits am 14.09.2021 im Kabinett als sogenannte „Sofortmaßnahmen“ vorgestellt worden.

Für Mitte 2022 ist eine Evaluierung geplant, die auf einer digitalen Plattform für Bürgerbeteiligung veröffentlicht und auch diskutiert werden soll.

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